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Fun und zum Nachdenken

Erschaffung

Die Erschaffung des Feuerwehrmannes

Als der liebe Gott den Feuerwehrmann schuf, machte er bereits den sechsten Tag
Überstunden.
Da erschien ein Engel und sagte:
„Herr, Ihr bastelt aber lange an dieser Figur!“
Der liebe Gott sprach:
„Hast Du die speziellen Wünsche auf der Bestellung nicht gesehen? Er soll pflegeleicht, aber
nicht aus Plastik sein; er soll Nerven wie Drahtseile haben und ein offenes Ohr für alle und ein
dickes Fell, aber nicht zu dick, daß er auch im Einsatzanzug in einem Golf Platz hat. Er soll
einen Rücken haben, auf dem sich alles abladen läßt und er soll in einer überwiegend
gebückten Haltung leben und arbeiten können. Sein Zuspruch soll alles heilen können, vom
kaputten Auto bis hin zur verletzten Katze auf dem Baum; er soll sechs Paar Hände haben. Und
Feuer löschen soll er können.“
Da schüttelte der Engel den Kopf und sagte:
„Sechs Paar Hände, das wird es kaum geben!“
„Die Hände machen mir keine Kopfschmerzen“,
sagte der liebe Gott,
„aber die vier Paar Augen, die ein Feuerwehrmann haben soll.“
„Gehören die denn zum Standardmodell?“
fragte der Engel.
Der liebe Gott nickte:
„Ein Paar das durch geschlossene Türen blickt, während er fragt: Was macht Ihr denn da
drüben, obwohl er es längst weiß. Ein zweites Paar im Hinterkopf mit dem er sieht, was er nicht
sehen soll, aber wissen muß. Und natürlich noch die zwei Augen nach vorne aus denen er den
Bürger, der sich unmöglich benimmt, ansieht und die trotzdem sagen: Ich verstehe Dich und
mag Dich, ohne daß er ein einziges Wort spricht. Und dann noch die Augen, mit denen er
ständig die Stimmung seiner Vorgesetzten beobachten kann.“
„Oh Herr“
sagte der Engel und zupfte ihn sanft am Ärmel,
„geht schlafen und macht morgen weiter!“
„Ich kann nicht!“
sagte der liebe Gott,
„denn ich bin nahe daran, etwas zu schaffen, das mir einigermaßen ähnelt.
Es ist mir bereits gelungen, daß er sich von selbst heilt, wenn er krank ist; daß er an die 30
Kameraden mit einem winzigen Geburtstagskuchen zufriedenstellt: daß er einen
Sechzehnjährigen dazu bringen kann, an der Tankstelle nicht zu rauchen und einen
Neunzehnjährigen davon überzeugen kann, daß Alkohol und Autofahren nicht
zusammenpassen. Außerdem kann er 20 Minuten überleben, ohne zu atmen.
Daneben scheint es mir gelungen zu sein, ihn zu überzeugen, daß der Dienst in der Feuerwehr
etwas schönes ist, eine echte Dienstleistung eben, und er in der Lage ist, alle
Ungerechtigkeiten klaglos zu dulden.“
Der Engel ging langsam um das Modell des Feuerwehrmannes herum und betrachtete es
aufmerksam von allen Seiten.
„Zu weich“
seufzte er.
„Aber unerhört zäh“
sagte der liebe Gott energisch.
„Du glaubst gar nicht, was mein Feuerwehrmann alles aushalten kann!“
„Kann er denken?“
„Nicht nur denken, sondern sogar urteilen und beurteilen, wenn er in der Hierarchie aufsteigt
und Kompromisse schließen“
sagte der liebe Gott,
„und vergessen kann er auch!“
Schließlich beugte sich der Engel vor und fuhr mit einem Finger über die Wange des Modells.
„Da ist ein Leck“
sagte er,
„Ich habe Euch ja gesagt, Ihr versucht, zuviel in das Modell hineinzupacken, deshalb geht die
Hülle nicht zu.“
„Das ist kein Leck“
sagte der liebe Gott,
„das ist eine Träne.“
„Wofür ist sie?“
fragte der Engel.
„Sie fließt bei Freude, Trauer, Enttäuschung, Schmerz und Verlassenheit.“
„Ihr seid ein Genie!“
sagte der Engel.
Da lehnte sich der liebe Gott versonnen zurück und sagte:
„Die Träne, das ist das Überlaufventil.“